Super-GAU Tschernobyl: War die Katastrophe von Tschernobyl wirklich der schlimmstmögliche Unfall?
Ohne Zweifel war der Tschernobyl-Vorfall der bisher schwerste Unfall in der Geschichte der Atomkraft. Doch gleichzeitig kann man sich fragen: War die Explosion des Reaktors wirklich das Schlimmste, was hätte passieren können? Handelt es sich demnach um einen Super GAU Tschernobyl, oder war der nukleare Unfall vielmehr weit weniger als das? Rückblickend hat man durch zahlreiche Studien und Forschungen einen guten Einblick in das, was in Tschernobyl tatsächlich passiert ist. Doch was wäre noch möglich gewesen?
Super GAU Tschernobyl nach internationaler Bewertungsskala für nukleare Ereignisse
Nach der Bewertungsskala für nukleare Ereignisse handelt es sich bei dem Unfall in Tschernobyl ohne Zweifel um einen GAU – Den größten anzunehmenden Unfall. Zwar ist der Begriff nicht immer ganz klar definiert. Aber bei der Katastrophe von Tschernobyl sind folgende Faktoren klar erfüllt:
- Radiologische Freisetzung gleichbedeutend mit +50.000 TBq Iod-131
- Große Auswirkungen für die Umwelt und Menschen
- Gegenmaßnahmen sind zwingend notwendig
Andere Herangehensweisen weisen ebenfalls darauf hin, dass es sich bei dem Tschernobyl-Unfall eindeutig um einen Super-GAU handelt. Denn bei einem GAU – dem größtmöglichen Unfall – geht zwar die Hauptmittel Kühlung kaputt. Gleichzeitig ist die Notkühlung noch einigermaßen intakt. Weil genau das in Tschernobyl nicht der Fall war, kann man hier auf jeden Fall von einem Super-GAU Tschernobyl sprechen. Neben der Katastrophe von Tschernobyl kann man nur auch bei dem nuklearen Unfall in Fukushima von einem Super-GAU sprechen.
Mehr als 50 Tote als unmittelbare Konsequenz von Tschernobyl
Doch selbst mit der Katastrophe von Fukushima ist der Unfall in Tschernobyl eigentlich kaum vergleichbar. Das liegt an mehreren Gründen. Primär aber an der Anzahl an Menschen, die durch den Unfall umgekommen sind. Knapp 50 Menschen sind durch den Super-GAU in Tschernobyl an akuter Strahlenvergiftung gestorben. Das waren Personengruppen. Einerseits das Personal, dass durch verschiedenen Aufgaben und Rettungsaktionen im inneren des Reaktors letalen Dosis an Strahlung ausgesetzt war.
Doch auch die Feuerwehrmänner mussten nach Einsatz ins Krankenhaus und starben häufig an den extremen Belastungen durch die Radioaktivität. Sie waren praktisch ungeschützt vor der Strahlung. Ein Teil der Mannschaft wagte sich auf das Dach des Reaktors. Oftmals reichte ein Aufenthalt von acht Minuten bereits, um die letale Dosis an Radioaktivität aufgenommen zu haben. Viele Feuerwehrmänner verließen das Krankenhaus leben nicht mehr.
Weltweite Dekontaminationen
Dass die Katastrophe sogar international zur Folge hatte, die Wirtschaftslage der Ukraine zu verändern, ist ebenfalls bemerkenswert. So konnten landwirtschaftliche Produkte in den Wochen nach der Katastrophe nicht mehr an den Westen verkauft werden. Autos mussten vor der Weiterfahrt in den Westen Deutschlands oft dekontaminiert.
Das AKW Tschernobyl war für die damals sowjetische Ukraine aber enorm relevant. Ungefähr 4-10% des ukrainischen Stroms produzierte sie. Deshalb wurden die anderen Reaktoren auch nach dem Unfall nicht eingestellt. Zwar baute man einen Sarkophag um den Reaktor 4. Dennoch lief das AKW ungefähr bis zum Jahr 2000 weiter. Ursprünglich waren sogar die Fertigstellung anderer Reaktoren des AKWs geplant. Die zu 80% fertigen Reaktoren konnten jedoch aufgrund der starken Strahlenbelastung nicht fertiggestellt werden. Heute liegen die Reaktoren still, die Sperrzone Tschernobyl wird von der ukrainischen Polizei bewacht.