Mit dem Geigerzähler in Tschernobyl – Messwerte über die Jahre hinweg
Was könnte aufregender sein, als in ein Sperrgebiet mit dem Geigerzähler zu gehen? Heute ist genau das möglich. Für viele Menschen ist die Katastrophe von Tschernobyl aber immer noch schwer erklärbar. Das betrifft auch die Strahlung. Nach mehr als 30 Jahren sollte sich die Situation doch geändert haben, könnte man meinen. Wie stark die radioaktive Strahlung an bestimmten Orten in Tschernobyl und im gesamten Sperrgebiet in der Ukraine sind, kann man heute sehr gut als geführter Tourist mit dem eigenen Geigerzähler herausfinden.
Messwerte des Geigerzählers unmittelbar nach der Explosion
Ein guter Geigerzähler war in der Sowjetunion der Achtziger-Jahre teuer. Gerade deshalb drang die Information des explodierten Reaktors und dementsprechenden Super-GAUs selbst zum Personal nur zum Teil langsam durch. Das lag an der mangelhaften Ausstattung mit brauchbaren Messgeräten. Die Verstrahlung lag in den am schlimmsten betroffenen Teilen des Reaktors bei 5,6 Röntgen pro Sekunde, demnach mehr als 20.000 Röntgen pro Stunde. Zum Vergleich: 500 Röntgen/Stunde für 60 Minuten ungeschützt ausgesetzt zu sein, gilt als tödlich. Mitarbeiter erlitten so teilweise eine letale Dosis innerhalb von wenigen Sekunden.
Ein leistungsstarker Geigerzähler funktionierte nicht, der andere war im Schutt nach der Explosion verschüttet. Die Folge war, dass nur Geigerzähler mit einem Maximum von 0,001 Röntgen/Sekunde verfügbar waren. So konnten nur 3,6 Röntgen pro Stunde als Maximum gelesen werden. Das wurde so an die Verantwortlichen in höheren Verantwortungspositionen weitergegeben, was die notwendige Evakuierung der Bevölkerung weiter verzögerte.
Messwerte Jahre nach der Katastrophe
Die Werte waren unmittelbar nach der Katastrophe am 26. April 1986 natürlich am höchsten. Jahre später schlug der Geigerzähler an vielen Orten im Sperrgebiet immer noch extrem aus. So wurde die Strahlung zehn Jahre nach der Katastrophe innerhalb des Sarkophags (Ummantelung) des Reaktors gemessen. Die Messwerte des Geigerzählers zeigten 30.000 Röntgen pro Sekunde an. Innerhalb von zwei Minuten würde man innerhalb des Reaktor 4 demnach 1996 eine tödliche Dosis Strahlung erhalten. Mehr als 30 Jahre nach dem Unfall ist die Strahlung innerhalb des neuen Schutzmantels immer noch brandgefährlich.
Nicht zuletzt außerhalb des Reaktors findet man auch heute noch stark verstrahlte Gegenstände und Orte. Das ist zum Beispiel das direkte Umfeld des Reaktors. Innerhalb von circa zehn Stunden würde man auf den Straßen direkt neben dem ‘Sarkophag’ die maximal zugelassene Dosis an Strahlung für AKW-Mitarbeiter in westlichen Ländern erhalten. Das wäre aber ungleich ungesünder, weil der menschliche Körper langsam aufgenommene Radioaktivität besser aufnimmt.
Als Tourist mit dem Geigerzähler unterwegs
Heute sind zehntausende Touristen jedes Jahr im Sperrgebiet Tschernobyl mit dem Geigerzähler unterwegs. Es handelt sich fast immer um Gäste, die eine geführte Tour in Anspruch nehmen. Die Sicherheitsrisiken sind vergleichsweise gering. Trotzdem empfiehlt es sich, vor der Reise mit dem eigenen Hausarzt zu sprechen. Als völlig gesunder Mensch sind die Risiken überschaubar, solange man sich an die offiziellen Anweisungen hält. Das inkludiert natürlich, einen Geigerzähler zu tragen und diesen auch wahrzunehmen. So sollte man sich zum Beispiel nicht länger in der Nähe von Maschinen aufhalten, die für Aufräumarbeiten am Reaktor verwendet wurden. Die berühmteste unter ihnen ist ein Baukran, der noch heute stark radioaktiv verstrahlt ist.